Konsultationsprozess in zwei Phasen zum Vorhaben "Zielbild OZG-Rahmenarchitektur"
Artikel Onlinezugangsgesetz
Um den Nutzenden und weiteren Interessensgruppen die Möglichkeit zu geben, an dem Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur und den einzelnen Visionen pro Funktionsbaustein mitzuwirken, wurde ein begleitender Konsultationsprozess in zwei Phasen durchgeführt.
Für die Erstellung des Zielbilds der OZG-Rahmenarchitektur initiierte das BMI bereits Ende 2023 das Architekturvorhaben "Erarbeitung Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur" im Föderalen IT-Architekturboard (FIT-AB). Begleitend dazu fand die erste Phase eines zweiphasigen Konsultationsprozesses statt, in dessen Rahmen das Architekturvorhaben iterativ Arbeitsergebnisse in die Konsultation einbrachte. Der Konsultationsprozess unterstützte dabei, Transparenz und Zusammenarbeit zu fördern und gleichzeitig Vertrauen und Akzeptanz für das Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur zu stärken. Die Ergebnisse der ersten Phase der Konsultation dienten als Grundlage für die Erarbeitung von einzelnen "Visionen pro Funktionsbaustein", welche im Mittelpunkt der zweiten Phase des Konsultationsprozesses standen. Die vom BMI eingebrachten Entwürfe für Visionen wurden von über 150 Teilnehmenden aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft auf der Austauschplattform Open CoDE validiert und weiterentwickelt.
Ziele des Konsultationsprozesses
Der Konsultationsprozess verfolgte neben der Umsetzung der Vorgaben in § 7 OZG drei weitere zentrale Ziele: Expertise von Fachleuten einholen, Transparent sein sowie aktive Beteiligung und Akzeptanz fördern:
- Umsetzung von Vorgaben: § 7 OZG zur Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit besagt: "Nutzer sollen in die Entwicklung neuer elektronischer Angebote einbezogen werden.“ – Nutzende der Gesamtarchitektur sind neben den Bürgerinnen und Bürgern aber auch Behörden und Organisationen.
- Expertise einholen: Ein zentrales Ziel war es, das Wissen, die Erfahrungen, Erwartungen und Anforderungen der verschiedenen Nutzergruppen zu berücksichtigen und einfließen zu lassen. Letztlich ging es auch um die Identifizierung sog. "Blinder Flecken": Indem unterschiedliche Interessen verschiedener Nutzergruppen gehört wurden, konnte eine vollständige Informationsbasis für den weiteren Prozess geschaffen werden.
- Transparente Prozesse: Die Fortschritte des Vorhabens zum "Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur" sowie das Feedback der Konsultationsteilnehmenden waren und sind öffentlich zugänglich. Es fand ein offener Austausch zu den Visionen der einzelnen Funktionsbausteine statt.
- Aktive Beteiligung: Partizipation stützt Akzeptanz und Unterstützung auch bei der Umsetzung. Deshalb wurden Beteiligte aus den verschiedenen Nutzergruppen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingebunden und deren Blickwinkel erfasst. Die Teilnehmenden spielten somit eine entscheidende Rolle als Impulsgebende und kritische Meinungstragende in diesem Prozess.
Phase 1: Kommentierung von 14 Leitfragen
Eingebunden in die erste Phase des Konsultationsprozesses, die von Oktober 2023 bis Ende Januar 2024 lief, waren insgesamt 124 teilnehmenden Unternehmen und Organisationen aus den Bereichen Politik und Verwaltung (37 Prozent), Privatwirtschaft (45 Prozent), Wissenschaft (6 Prozent) sowie zivilgesellschaftliche Organisationen (12 Prozent). Insgesamt wurden 14 Leitfragen durch das FIT-AB entwickelt und anschließend zur Kommentierung auf der Plattform Open CoDE veröffentlicht.
Quelle: BMI
Die Entwicklung des Zielbilds im Rahmen des Vorhabens erfolgte iterativ (siehe Abbildung 1). Hierzu wurden die Rückmeldungen zu den Leitfragen durch das FIT-AB bewertet, diese lieferten wichtige Impulse für den weiteren Prozess der Zielbildentwicklung.
Während der ersten Phase des Konsultationsprozesses fanden insgesamt drei Online-Informationsveranstaltungen statt, in denen das BMI den Teilnehmenden aktuelle Arbeitsstände präsentierte und offene Fragen klärte. Durch diesen partizipativen Ansatz hatten die Teilnehmenden über den gesamten Zeitraum der ersten Phase hinweg die Möglichkeit, ihre Kommentare, Fragen und Empfehlungen zu den Leitfragen über Open CoDE einzureichen und sich untereinander auszutauschen.
Im Ergebnis entstanden ist u. a. eine Übersicht der Funktionsbausteine. Zudem wurden auf Basis "strategischer Leitplanken" Architekturprinzipien abgestimmt.
Funktionsbausteine
Im Prozess wurden Funktionsbausteine entwickelt, die gleichartige fachliche Funktionalitäten innerhalb digitaler Verwaltungsprozesse sinnvoll, verständlich und überschneidungsfrei bündeln (siehe Abbildung 4).
Quelle: BMI
Strategische Leitplanken als Hilfsmittel
Bei der Erarbeitung des Zielbilds wurden "strategische Leitplanken" wie z. B. Transformationsgrad oder Grad der Interoperabilität erstellt, um als Entscheidungshilfe mögliche Szenarien von architekturrelevanten Entscheidungen gegenüberzustellen (siehe Abbildung 2).
Architekturprinzipien
Architekturprinzipien sind Grundsätze für die Entwicklung von Architekturen und dienen der strategischen Ausrichtung der Zielbilder. Architekturentscheidungen sollen damit systematisch und effizient getroffen werden, um wiederkehrende Grundsatzdiskussionen zu vermeiden. Sie wurden mithilfe der strategischen Leitplanken festgelegt.
Architekturprinzipien-Übersicht
Strategische Leitplanke | Architekturprinzip | Erläuterung des Architekturprinzips |
---|---|---|
Transformationsgrad | Innovation priorisieren | Innovation wird priorisiert, indem nicht geeignete föderale IT-Systeme, unabhängig von früheren Investitionen, durch nachhaltige Lösungen unter Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Analysen ersetzt werden. |
Grad der Interoperabilität | Föderale Interoperabilität | Einführung verbindlicher Standards für bundesweit gemeinsame Komponenten, Plattformen und Prozesse zur Reduzierung der Komplexität, ohne Festlegung systeminterner Vorgaben für Formate und Protokolle. |
Herkunft der Standards | Internationale und bestehende verwaltungsexterne Standards nutzen, wo möglich | Die Nutzung internationaler und bestehender verwaltungsexterner Standards wird priorisiert. Diese werden bei Bedarf ergänzt, um nationale Anforderungen zu erfüllen. |
Einheitlichkeit von Qualitätsstandards | Bundesweite Qualitätsstandards | Festlegung eines bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards für alle Lösungen der Rahmenarchitektur sowie der Qualitätssicherung und –kontrolle mithilfe gemeinsamer Qualitätskriterien (Standards und Maßnahmen). |
Kooperationsgrad | Gemeinschaftlicher Nutzen vor Einzelnutzen | Fachunabhängige Basisdienste werden bundesweit zentral entwickelt und betrieben. Bund und Länder entwickeln und betreiben digitale Lösungen eigenständig unter Einhaltung länderübergreifender Interoperabilität. |
Vertrauensmechanismen | Security und Privacy by Design | Security- und Privacy-by-Design bei Neu- und Weiterentwicklungen von IT-Komponenten. Die Integration geeigneter technischer Maßnahmen erfolgt nach aktuellen IT-Sicherheits- und Datenschutzstandards. |
Zugang zum Ökosystem | Zugänglichkeit für externe Marktteilnehmende | Anbindung an Basisdienste und digitale Plattformen der öffentlichen Verwaltung ist für verwaltungsinterne als auch verwaltungsexterne Marktteilnehmende offen. |
Digitale Souveränität | Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung | Bund und Länder verfügen über die technologischen Fähigkeiten, Einfluss auf extern bereitgestellte Komponenten nehmen zu können z. B. den Zugriff auf den Quellcode bzw. die nötigen Rechte der Nutzung. |
Offenheit & Transparenz | Vollständige Offenheit und Transparenz | Sicherstellung eines vollständigen Einblicks in die programmatische Umsetzung von IT-Lösungen. Durch offene Kollaborationsmodelle entsteht eine effiziente Zusammenarbeit zw. verschiedenen Behörden und Dritten. |
Informationsfreiheit | Zugang zu Informationen | Zielt darauf ab, den Zugang zu öffentlichen Informationen der Verwaltung durch eine Vielzahl von Zugangsmethoden für alle Nutzenden zu unterstützen. Dies inkludiert die Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit. |
Digitaler Wandel | Anpassungsfähigkeit/Readiness for Change | Betont die Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit der föderalen Enterprise-Architektur, um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sowie deren Handlungsfähigkeit zu verbessern. |
Mithilfe der Funktionsbausteine sowie der Architekturprinzipien wurden konkrete "Visionen pro Funktionsbaustein" für eine zukunftsfähige Ende-zu-Ende-Digitalisierung definiert.
Durch die Veröffentlichung des Ergebnisberichts wurde die erste Phase des Konsultationsprozesses offiziell abgeschlossen. Der Ergebnisbericht bietet einen umfassenden Einblick in die Kommentierungen der Teilnehmenden und die Ergebnisse.
Phase 2: Entwicklung der Visionen pro Funktionsbaustein
In der zweiten Phase des Konsultationsprozesses, die von August bis September 2024 stattfand, wurden die vom BMI eingebrachten Entwürfe für "Visionen pro Funktionsbaustein des Zielbilds der OZG-Rahmenarchitektur" von den Teilnehmenden kommentiert und weiterentwickelt. Dabei beteiligten sich, wie bereits in der ersten Phase, Personen aus den Interessensgruppen Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft. Als Austauschplattform und zentrale Stelle für das Einholen von Feedback diente erneut Open CoDE.
Den Teilnehmenden standen über 60 Visionen in insgesamt 13 Funktionsbausteinen zur Bewertung offen. Dank der Beteiligung von mehr als 150 Akteurinnen und Akteuren und über 730 Kommentaren konnten erneut sehr wichtige Impulse für die Überarbeitung und die Zielbildentwicklung erlangt werden.
Quelle: BMI
Mit der Veröffentlichung des Ergebnisberichts zur zweiten Phase des Konsultationsprozess wurde dieser offiziell abgeschlossen.
Innovative Beteiligungsformate fördern aktive Mitarbeit
Das BMI setzt zunehmend auf Open Government. Dies geschieht insbesondere im Rahmen von Konsultationsprozessen bei der Weiterentwicklung technischer Architekturen, sowie IT- und Digitalvorhaben. Die Konsultationsprozesse sind darauf ausgerichtet, die Interessen verschiedener Beteiligter zu berücksichtigen sowie Transparenz und Kollaboration zu fördern, um Vertrauen sowie Akzeptanz in Prozesse und Vorhaben zu stärken.
Insgesamt wurde mit dem Konsultationsprozess ein breiter Dialog gefördert, um unterschiedliche Perspektiven und Expertisen der relevanten Interessensgruppen zu berücksichtigen. Zudem wurden transparente Entscheidungsprozesse erprobt. Die Ergebnisse des Konsultationsprozesses sind kontinuierlich in die Zielbilderarbeitung eingeflossen – ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine zukunftsfähige, effiziente, vertrauenswürdige und digital souveräne öffentliche Verwaltung Deutschlands.
Kontakt für Fragen oder Anregungen: OZG-Rahmenarchitektur@bmi.bund.de