Kammerleistungen digital – Mittelbare Landesverwaltung und das OZG

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Unternehmensführung & -entwicklung

Die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer kennen die Kammern als Interessensvertretungen oder Beratungen bei der Existenzgründung. Doch die berufsständischen Körperschaften, wie die Kammern rechtlich korrekt heißen, sind mehr: Die Kammern sind als Teil der mittelbaren Landesverwaltung fest verankert in der Verwaltungslandschaft der Bundesrepublik Deutschland. Mittelbare Landesverwaltung bedeutet, dass die berufsständischen Kammern als eigene Verwaltungsträger nicht weisungsgebunden sind. Sie unterliegen zwar der Rechtsaufsicht, nicht jedoch der Fach- und Dienstaufsicht einer übergeordneten Behörde. Die Kammern sind damit als Teil der Selbstverwaltung eine tragende Säule in einer lebendigen föderalen Demokratie.

Die Lebendigkeit der Kammern zeigt sich in deren Vielfältigkeit: Kammern gibt es für die Freien Berufe – vom Architekt bis zur Zahnärztin, für Industrie und Handel, für das Handwerk und für die Landwirtschaft. Auf Bundesebene vertreten Dachverbände, zum Beispiel der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) oder der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), die einzelnen berufsständischen Kammern.

Dachverbände koordinieren die OZG-Umsetzung für ihren Zuständigkeitsbereich

Ähnlich wie Bund, Länder und Kommunen sind auch die Kammern durch das OZG verpflichtet, Verwaltungsleistungen künftig digital anzubieten. Denn was viele nicht wissen: Die Kammern übernehmen als Teil der Selbstverwaltung staatliche Aufgaben. Sie erteilen Berufszulassungen, kümmern sich um berufliche Aus- und Weiterbildungen oder geben Prüfungsrichtlinien vor. Die meisten dieser sogenannten Kammerleistungen liegen in den OZG-Themenfeldern Unternehmensführung & -entwicklung und Bildung. Darunter befinden sich zum einen Verwaltungsleistungen wie z. B. die Eintragung in die Handwerksrolle, welche Fallzahlen im hohen fünfstelligen Bereich pro Jahr aufweisen. Zum anderen gibt es sehr spezielle Leistungen wie die Bestellung und Anerkennung von Sachverständigen nach dem Batteriegesetz.

Der OZG-Umsetzungskatalog, in digitaler Form zu finden auf der OZG-Informationsplattform, listet aktuell mehr als 200 Kammerleistungen. Sie basieren in der Regel auf Bundesrecht und werden auf Landes- beziehungsweise regionaler Ebene vollzogen (sogenannte Typ 2-Leistungen). Diese Vielfalt erklärt auch die komplexe Kammerlandschaft in Deutschland mit ihren zahlreichen regionalen Kammern. Für die OZG-Umsetzung gilt: Die Dachverbände koordinieren die Digitalisierung der Kammerleistungen. Sie bündeln die Kommunikation mit dem OZG-Programm und können so gleichzeitig den regionalen Kammern gerecht werden.

Konkret sieht das so aus: Die Dachverbände DIHK und ZDH sind der erste Kontakt für Bundes- und Landesministerien zu Informationen über Leistungen der Industrie- und Handelskammern beziehungsweise Handwerkskammern. Ziel dieser zentralen Koordination ist eine Entlastung der regionalen Kammern. Außerdem vermeidet sie unnötige Kommunikations- und Abstimmungswege.

Themenfeld Unternehmensführung & -entwicklung

DIHK und ZDH arbeiten bereits seit 2019 eng zusammen mit den Federführerenden des Themenfelds Unternehmensführung & -entwicklung, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie der Freien und Hansestadt Hamburg. Das Themenfeld ist Anker-Themenfeld im OZG-Programm für die Kammerleistungen mit Fokus auf die wirtschaftsnahen Leistungen. DIHK, ZDH sowie die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und der Bund Freier Berufe (BFB) sind Teil des erweiterten Steuerungskreises des Themenfelds Unternehmensführung & -entwicklung, berichten dort über den Digitalisierungsfortschritt ihrer Leistungen und machen Vorschläge für die Zusammenarbeit.

Wie bei anderen OZG-Projekten auch durchläuft die konkrete Digitalisierung von Kammerleistungen verschiedene Phasen. In der Konzeptionsphase steht die sogenannte Leistungsklärung im Vordergrund. In Zusammenarbeit mit den Dachverbänden definieren die Kammern ihre Verwaltungsleistungen, gleichen sie mit bereits laufenden Digitalisierungsvorhaben ab und priorisieren die Umsetzung. Bei Bedarf aktualisieren die Dachverbände die bestehenden Leistungen im Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung (LeiKa) und im OZG-Umsetzungskatalog.

Auf Basis dieser Vorarbeiten entstehen im Austausch mit Nutzerinnen und Nutzern unter anderem Soll-Prozesse und Klick-Dummys für eine Zielvision der Digitalisierung.

Anschließend erfolgt die sogenannte Referenzimplementierung. Dabei werden die Ergebnisse der Konzeptionsphase systematisch in aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten technisch umgesetzt. Dies umfasst in der Regel ein sogenanntes Minimum Viable Product (MVP), das schrittweise bis zur Zielvision ausgebaut wird. Wichtig ist es an dieser Stelle, die Interessen und Erfahrungen der Beteiligten einzubinden, um möglichst optimale Lösungen zu entwickeln und den unterschiedlichen Anwendungsfällen gerecht zu werden.

Die abschließende Rollout-Phase dient der flächendeckenden Bereitstellung der Onlinedienste in ganz Deutschland. An zentralen OZG-Umsetzungsprojekten sind die Kammern bereits maßgeblich beteiligt. Ein wichtiges Beispiel ist das Handwerksportal. Bremer Gründerinnen und Gründern steht damit bereits jetzt eine Möglichkeit zur Verfügung, Handwerksbetriebe vollständig digital anzumelden. Das Portal wird auch weiteren Handwerkskammern in ganz Deutschland zur Verfügung gestellt.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Die Kammern verantworten Hunderte Verwaltungsleistungen in Deutschland und sind somit ein wichtiger Akteur bei der Umsetzung des OZG. Durch die Vielzahl an inhaltlich sehr unterschiedlichen Kammerleistungen stehen sie vor großen Herausforderungen, die sie gemeinsam mit allen Beteiligten aus Bund und Ländern angehen und meistern können.

Ihre Ansprechpartner für das Thema Kammerleistungen beim BMI erreichen Sie unter ozg@bmi.bund.de 

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