100% Digitalisierung wagen!
Namensartikel 24.09.2020
Bundes-CIO Dr. Markus Richter ist Schirmherr des eGovernment Summits 2020. In seinem Grußwort fordert er mehr Mut und Lust auf Innovationen in der Verwaltung.
Digitalisierung gehört in die Herzen der Behörden und in die Herzen der Menschen. Sie erleichtert nicht nur unseren Alltag, in Krisenzeiten können digitale Abläufe sogar Leben retten - wie wir im Jahr 2020 hautnah mitbekommen.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie sinnvoll und notwendig die vollständige Digitalisierung der deutschen Verwaltung ist. Wir werden entschlossen die Kräfte bündeln, um das OZG zum Ende des Jahres 2022 vollständig umzusetzen. Wir machen dies transparent und auf mitnehmende Art und Weise. Die aktuellen Erfahrungen bestärken uns. Denn es ist auch den bereits implementierten Prozessen zu verdanken, dass unser Land bisher einigermaßen gut durch die Krise gekommen ist. Behörden in ganz Deutschland haben bewiesen, wie flexibel und schnell die Verwaltung in Ausnahmesituationen reagieren kann. Quasi über Nacht stellten tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Telearbeit um, wurden neue digitale Abläufe etabliert, sowohl intern wie auch extern im Kundenverkehr.
Auch wir im BMI haben umgehend reagiert: Krisen- und gesundheitsrelevante Leistungen wurden beschleunigt digitalisiert und innerhalb weniger Wochen neue Leistungen wie das digitale Arbeitslosengeld II oder Corona-Entschädigungen für Arbeitgeber umgesetzt. Mit dem Konjunkturprogramm stehen nun die notwendigen finanziellen Mittel bereit, um die digitale Infrastruktur der deutschen Verwaltung auf Vordermann zu bringen.
Jedoch: für eine nachhaltige Digitalisierung braucht es mehr als Geld. Die Verwaltung muss auf disruptive Technologien auch mit mehr Mut und Lust auf Innovation reagieren.
Neue Einstellung gegenüber Innovationsprozessen
Erforderlich dafür ist auch eine andere Einstellung gegenüber Innovationsprozessen. Agilität ist eine Haltungsfrage. Gerade wir hier in Deutschland müssen eine neue Balance finden zwischen Perfektion und Geschwindigkeit - andernfalls können wir nicht schnell genug auf die sprunghaften Veränderungen bei Technologie und Nutzerverhalten reagieren. Dafür müssen wir offener und direkter miteinander sprechen.
Und, falls doch ein Ansatz scheitert, gehört zu meiner Auffassung von Offenheit dazu, es auch einzugestehen. Hier können wir von der Gründerszene lernen: Mut zur Innovation erfordert auch eine neue Fehlerkultur! Denn sie bedeutet nicht das vollständige Ende einer Entwicklung oder einer Karriere, sondern eine wichtige Erkenntnis, von der aus es wieder weitergeht.
Gelingen kann es uns nur:
Erstens, wenn alle beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezogen werden und sich im wohlverstandenen Eigeninteresse einbringen.
Zweitens, wenn wir bei allen Leistungen, die wir entwickeln, nicht allein von unseren internen Abläufen ausgehen, sondern vom Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger am Bildschirm, denn Usability oder Nutzerfreundlichkeit ist das, was über den Erfolg oder Misserfolg eines Onlinestartups entscheidet und damit auch über die Akzeptanz unseres Angebots.
Und drittens, wenn wir die Cybersicherheit als integralen Bestandteil der Digitalisierung im Blick behalten: Sichere Netzinfrastrukturen sind eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der politischen Digitalisierungsvorhaben, denn nur wenn die Bürgerinnen und Bürger dem Staat im Umgang mit den digitalen Technologien vertrauen, werden sie sie auch nutzen.
Einfachheit und Sicherheit sind die beiden Schlüssel, damit die Bürgerinnen und Bürger unsere Angebote gern nutzen und damit zur Effizienzsteigerung bei der Bearbeitung von Verwaltungsleistungen beitragen.
Eine funktionierende und sichere digitale Verwaltung ist heute essentiell für einen modernen Staat wie die Bundesrepublik Deutschland. Lassen Sie uns offen und ehrlich über Erfolge, aber auch Baustellen auf dem Weg dorthin sprechen. Ich freue mich auf viele spannende Vorträge und Diskussionen beim eGovernment Summit 2020. Lassen Sie uns gemeinsam 100% Digitalisierung wagen!
Das Grußwort erschien auch in der September-Ausgabe von eGovernment Computing. Beim eGovernment Summit kommen am 18. und 19. November 2020 unter dem Motto »eGovernment verpflichtet – Interoperabel in die Zukunft!« Digitalisierungsverantwortliche auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene mit Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Im Fokus stehen dabei Meilensteine auf dem Weg zur besten digitalen Verwaltung: digitale Souveränität, die Zusammenarbeit von Bund, Länder und Kommunen, die Umsetzung des OZG oder auch neue Wege der Bildung sowie des Arbeitens.