Die Städte als Motor der Verwaltungsdigitalisierung
Namensartikel 18.11.2020
Dr. Hanna Sommer berichtet über die Verwaltungsdigitalisierung in Städten und das Hinterfragen alter Prozesse.
Die Städte versammeln sich hinter den Zielen des OZG. Ziel dieses föderalen Großprojekts ist es, dass die Menschen über verbundene Portale ihre Verwaltungsangelegenheiten mit Bundeskompetenz wie den Personalausweisantrag ebenso regeln können, wie die Hochschulzulassung auf Länderebene oder den Antrag auf einen Bewohnerparkausweis in der zuständigen Kommune.
Die Kommunen sind bei der Entwicklung Umsetzung des OZG treibende Kräfte, denn sie stehen im direkten Kontakt mit den Menschen vor Ort. Wie Bund und Länder auch, wollen sie die Kundenzufriedenheit verbessern und ihre Verwaltungsleistungen online anbieten. Für diese Herkulesaufgabe ist der Zeitplan aber viel zu eng bemessen. Die Digitalisierung der Verwaltung in der Lesart der OZG-Umsetzung ist eine kurzfristige Herausforderung. Im Kern handelt es sich bei der Verwaltungsdigitalisierung aber um einen Prozess mit langfristiger Perspektive. Wir müssen bereits heute die Verwaltung von 2030 und darüber hinaus denken.
Lösungen hinterfragen
Um die Chancen, die das OZG bietet – nämlich ein besserer Service für die Menschen – tatsächlich zu nutzen, müssen vorhandene Lösungen und Prozesse hinterfragt und überarbeitet werden. Keinesfalls dürfen alte analoge Prozesse eins zu eins digitalisiert werden. Das OZG schreibt zwar zunächst nur die elektronische Zugänglichkeit zu Verwaltungsleistungen für Nutzerinnen und Nutzer vor. Eine tatsächlich digitale Abbildung dahinterliegender Verwaltungsprozesse ist damit aber nicht erreicht. Vor allem für die Städte ist dies aber ein wesentlicher Schritt zur Modernisierung der Verwaltung. Würde man ihn überspringen, hätte man die Chance auf Entbürokratisierung, Einsparmöglichkeiten und Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger vertan. Das alles kostet Zeit über 2022 hinaus.
Zentrale Lösungen zur freiwilligen Nutzung
Für zentrale Verwaltungsverfahren, z.B. die Beantragung eines Personalausweises, sind zentrale Lösungen zur freiwilligen Nutzung wünschenswert. Nicht jede Stadt muss hier ihre eigene Lösung anbieten. Vor Ort kann maximal noch der analoge Prozess angeboten werden, um allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen zu ermöglichen. Für diese Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben nach Weisung erwarten viele Städte von Bund und Ländern das Angebot zentraler Lösungen bzw. von Referenz-Geschäftsprozessen zur freiwilligen Nutzung. Dabei dürfen jedoch keine Monopolstellungen durch Anbieter entstehen.
Leistbarkeit der Verwaltungsdigitalisierung
Die flächendeckende Digitalisierung von Behördenleistungen und der Verwaltungsabläufe erzeugt hohe Kosten. Vieles leisten die Städte seit langem selbst, im Wissen, dass es unabdingbar ist, die Verwaltung zukunftsfähig und bürgernah aufzustellen.
Jetzt steht eine große Unterstützung für die Kommunen aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung bevor. Für die Städte ist es wichtig, dass die Mittel, die über die Länder in die Kommunen fließen sollen, auch dort ankommen. Und zwar für die organisatorische Unterstützung bei der Implementierung neuer medienbruchfreier Verfahren, die dringend notwendige Anbindung an die Fachverfahren, Standards und Schnittstellen, technische Ausstattung und Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Fehl- und Mehrfachinvestitionen müssen jetzt unbedingt verhindert werden. Diese Diskussion muss in jedem Bundesland zwischen Land und den dortigen Kommunen geführt werden, abhängig von den herrschenden Rahmenbedingungen und den jeweiligen Akteurskonstellationen.
Auf einem guten Weg
Mit der Umsetzung des OZG haben wir die Möglichkeit, eine übergreifende und zukunftsweisende Umgestaltung der Verwaltung auf den Weg zu bringen. Die Regeln zur Umsetzung staatlicher Aufgaben einerseits und infrastrukturelle Strukturen anderseits können neu justiert werden. Wir müssen konzentriert und mit Blick auf eine komplette Transformation der Verwaltung weiterarbeiten. Und wir dürfen uns nicht durch enge Umsetzungsfristen zu halbherzigen Ergebnissen hinreißen lassen.
Die Seite onlinezugangsgesetz.de veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge. Diese geben einen persönlichen Einblick in die Prozesse und Projekte rund um die OZG-Umsetzung. Es handelt sich um die Meinungen und Eindrücke der jeweiligen Akteurinnen und Akteure. Sie entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des BMI.